All is Flux
Exhibition re|space gallery, Berlin
The title All is Flux is taken from the early Greek philosopher Heraclitus’ meditations on knowledge and flux. Though the interpretation of Heraclitus’ doctrines has been much disputed, the idea of there being no stably existing objects with stably enduring qualities is a provocative standpoint from which this exhibition approaches the resonance between Daskaltsis’ and Friedrichs’ works. Though different in medium and style, the works by the two artists are paralleled in their exploration of perception and the influence or absence of the artist’s hand.
The large-scale paintings in oil on aluminium by Christo Daskaltsis are truly abstract works. The strictly conceptualised method of production deliberately eradicates any possibility of formal influence by the artist in the creation of his works. A monochrome thin layer of paint is applied to the surface of the aluminium board, the artist then drizzles the surface with turpentine. Using a household broom, Daskaltsis sweeps over the surface producing an entirely abstract image formed by the dissolution of pigments in the paint and their migration across the board when being swept. The resulting works gain an effect of depth that works both to draw the viewer into the painting and to allow the forms to protrude beyond the board. Nevertheless this three-dimensionality is an illusion as the surface of the aluminium board remains flat. The artist removes himself from the works with their completion but they live on. The works are alive in the viewer’s eye, their truth being dependent on the individual’s perception.
„The perceptible world is a distortion“, claims Platon in his allegory of the cave. In his artwork, Greek-rooted artist Christo Daskaltsis tries to show that our process of seeing cannot distinguish between what is truly there and our perception of what is there.
„I want the observer to see that he sees nothing”, he states. He wants us to realise that – fooled by our eyes – we oftentimes judge too quickly by appearances.
If we watch Daskaltsis‘ paintings, we see a structured material surface. But instead of remaining on the surface, we dive into the painting deeper and deeper and, by the influence of our memory and experience, we start seeing things; things that usually remind us of the beauty of nature. Here we may see a close-up of a crushed ice plate or the bubbly foam of the sea waves, there the structure of snowy mountain peaks or the desert‘s dunes viewed from outer space.
Then we are suddenly taken back to the painting‘s surface and remain caught on its material properties again, realising that what we have just seen is neither what is there nor what is meant to be there: the painting‘s structure is nothing more and nothing less than a chemical reaction between oil paint, turpentine and alkyd. In this process the artist takes a conscious step back to allow the structure to form by chance and the materials to work autonomously.
When does the abstraction end and when does our memory and imagination come into play to create meaning without us even realising it?
Christo Daskaltsis wants us to thereby drain our overstimulated perception and to recharge it with new insights on ourselves. His artwork shows the relation between object and observer not only in Platonic terms of distortion, but also in terms of identity.
By observing his work, we are forced to question ourselves in terms of cognition, imagination, rationality and emotions – briefly, with all our most intimate senses.
Essenz des Augenblicks
Christo Daskaltsis, mehrfach prämierter Künstler aus Berlin, präsentiert seine Werke bei Liebkranz auf der Galerienmeile Auguststraße in Berlin Mitte.
Der vitale Gestalter agiert erfolgreich im angewandten Design, seine Arbeiten wurden erneut 2013 mit dem iF Communication Design Award gewürdigt, und in der Kunst mit viel beachteten Ausstellungen in Paris, Amsterdam und Berlin. Die Bilder des Künstlers sind wie Freunde:
vertraut und voller Überraschungen. Farbstrukturen und Lichtverläufe ergänzen einander zu reflektierenden Wänden.
Christo Daskaltsis, 1969 in Düsseldorf geboren, ist Meister der Entgrenzung. Fern der Alltagshektik findet der Künstler den sphärischen Kern, die Essenz des Augenblicks. Die Spuren menschlichen Lebens wecken sein Interesse. Seine Momentaufnahmen sind Liebeserklärungen an die Veränderung, den Wandel, die Erneuerung. Sie loten tief nach der menschlichen Seele, stellen das je Besondere heraus und suchen nach dem vitalen Geist.
Die Bilder des Künstlers atmen Vertrautheit. Sie sehen aus, als wären sie schon immer da gewesen. Denn sie rücken in die Wahrnehmung, was uns alltäglich begegnet. Strukturen, Oberflächen, Stimmungen scheinen unserer Umwelt zu entstammen: Fluchten, Mauern, Räume ebenso wie Tageszeiten, Lichtbrechungen und schließlich die eigenen wechselnden Verfassungen.
Die Werke bestehen aus changierenden Farben und Materialien, die bis zu 100 Lagen aufgetragen sind. So schimmert Altes hindurch, leuchtet Neues daneben, bewegen sich die Strukturen ineinander. Im Prozess der Malerei entsteht die ganz eigene Welt, immer und immer wieder verfeinert, bis sie leicht und selbstverständlich daher kommt.
Christo Daskaltsis studierte Kunst an der Academie des Beaux Art in Paris, Design an der Akademie für Design und Kommunikation in Schwerte sowie Klavier und Komposition am Robert Schumann Institut in Düsseldorf. Zwischen den Leidenschaften für Malerei und Musik gewann die Malerei und Musik zog in seine Bilder ein: Form gewordene Empfindungen. Zudem arbeitet Christo Daskaltsis als Designer seit 1995 zunächst in Düsseldorf, seit 2002 in Berlin.
Demut und Achtsamkeit schenkt er allem, was ihn umgibt. In seinem Dasein und in seiner Veränderung. Auf diese Weise gelingt ihm eine Intensität im Moment, die wiederum ihre eigene Aura schafft. Diese Aura ist voller fast kindlicher Verwunderung und
sie ist selbstbewusst.
Die Werke des Künstlers sind leise und intensiv zugleich, prachtvoll im Pianissimo. Sie drängen sich nicht auf und können so zu vertrauten Begleitern werden. Sie sind da, wie ein guter Freund, wenn man ihn braucht. Sie spiegeln mit ihrer Tiefe und Leidenschaft den Moment. Sie schenken so Hoffnung und bringen in der Betrachtung immer neue Facetten zu Tage.
Sinn
Fragil, flüchtig, flatterhaft zeigt die Stadt ihr wechselvolles Gesicht. Christo Daskaltsis sucht darin die Konstanten: visuelle Eindrücke im Pianissimo. Fern der Alltagshektik findet der Künstler den sphärischen Kern, die Essenz des Augenblicks. Stille Begegnungen mit Empfindungen, Wahrnehmungen, Gerüchen, Flächen, Formen entfesseln den kreativen Transformationsprozess.
Stadtquartier und Parks inspirieren Christo Daskaltsis gleichermaßen. Die Spuren menschlichen Lebens wecken sein Interesse. Seine Momentaufnahmen sind Liebeserklärungen an die Veränderung, den Wandel, die Erneuerung. Sie loten tief nach der menschlichen Seele, stellen das je Besondere heraus und suchen nach dem vitalen Geist.
Syntax
Mehrschichtig wie die Spuren des Alltags entstehen die Bilder. Immer und immer wieder übermalt, übergossen, neu aufgetragen gewinnen die Farben und Flächen ihre Bezüge. Neue Inspirationen gewinnen Form, einzelne Bereiche treten heraus. Malerei entfaltet sich im Tun und verweilt im Resultat.
Die Energie aus der physischen Entgrenzung, die den Maler treibt, immer wieder neu die Schichten der Zivilisation zu durchbrechen, schichten sich gleichsam symbolisch auf der Leinwand übereinander. Im Prozess der Auseinandersetzung mit dem puren Spiel aus Farben und Materialien in der Begrenztheit der Fläche treten die Zeichen der Zivilisation wie im Brennglas hervor.
Sympathie
Die Bilder von Christo Daskaltsis sind selbstverständliche Begleiter. Sie drängen sich nicht auf. Demütig und selbstbewusst zugleich haben sie ihren Auftritt immer dann, wenn der Betrachter sich einlässt. Jeden Augenblick neu entfalten die Intensität der Farben, die Konkretheit der Materialien und der Reichtum der Assoziationen ihre Anziehung.
Lautlos und konsequent wandelt sich die Kompaktheit des Bildes in Transparenz und enthüllt Energie. Das Bild selbst ist Bewegung, unmittelbare Wahrnehmung, immer wieder neu ein Erlebnis. Das Déjà-vu der eigenen Empfindsamkeit und die Verwunderung über die künstlerische Klarheit verschmelzen in eine Beziehung des immer wieder neu Entdeckens: sanft geführt und intensiv berührt.
Katharsis
Essay von Dr. Annette Blank, Kunstwissenschaftlerin
Alle sieben Jahre häutet sich der Mensch. Dann ist er – metaphorisch gesehen – nackt.
Die Leere dient als Ausgangspunkt neuer Bewegung, neuer Häute, die wiederum den Menschen erneuern – sein Sein und sein Bild in der Welt.
Die Kunst von Christo Daskaltsis ist nackt in diesem Sinne. Sie fängt den Zustand der Leere ein. Authentisch und ehrlich visualisiert sie nichts, was sie nicht ist. Und sie positioniert sich jenseits der gängigen Wahrnehmung von des Kaisers neuen Kleidern: Sie sieht aus der Sicht des Kindes.
Rausch der Wahrnehmung
Die Bilderwelt, die uns heute selbstverständlich umgibt, wirkt direkt bis in jede Zelle. Sie ist allgegenwärtig, verlangt stets Aufmerksamkeit, dirigiert uns durch den Alltag, regelt unsere Beziehungen, manipuliert uns, deutet und verfolgt uns bis in die Träume. Jede Wahrnehmung analogisiert Bekanntes, strukturiert und enträtselt die Bedeutung. Ein Entrinnen gibt es nicht.
Der Flut der äußeren Attraktion entgegnen wir mehr und mehr mit narzisstischer Extrapolation. Jede Lebensäußerung muss sofort mitgeteilt werden, jeder Strohhalm dient der Differenzierung. Der Wettbewerb ist zur Alltagsdroge geworden. Je absurder, desto besser. Einziger Sinn der mächtigen Geste ist die Besonderung.
Was in ihrem Ursprung der Orientierung in der Welt diente – unsere Wahrnehmung – degradiert zu einer gigantischen Kakophonie der Eitelkeiten. Kunst folgt dem gleichen Sog. Sie umgibt sich mit den Attitüden der Geschwätzigkeit und wird nur übertroffen vom Klatsch ihrer Interpreten.
Suche nach Stille
Wie Ying dem Yang folgt das Gegenteil auf dem Fuße. Die Stille hat sich etabliert als Nähe zur Natur, als Flucht vor den Medien, als Auszeit im Sabbatical, sie findet statt in Yoga, Meditation, Achtsamkeit und Zen. In der Kunst tut sich die Stille jedoch schwer. Hier findet ihre Natur nicht Gehör. Umso mutiger ist der Versuch, die Stille in die Kunstwelt zu holen.
„Ich möchte, dass der Betrachter sieht, dass er nichts sieht“, sagt Christo Daskaltsis. „Nichts“ meint dabei die Abwesenheit jeder Manipulation, jeder Mitteilungsmeldung, jeder Bezeichnung. Seine Kunst spricht weder in Analogien noch in Rätseln. Es gibt keinen verborgenen Sinn zu entdecken.
Christo Daskaltsis will die überlastete Wahrnehmung entleeren, um sie neu aufzuladen. Er evoziert eine ursprüngliche, archaische Beziehung des Betrachters zum Kunstwerk. Hier entlädt sich die ganz individuelle Selbstreflexion emotional, affektiv, rational – kurz, mit allen Sinnen.
Reinigende Wirkung
Christo Daskaltsis wagt diesen Weg mit dem Selbstbewusstsein der griechischen Tragödie. Reinigend und Erkenntnis bringend hat die Katharsis eine zutiefst menschliche Bedeutung. Sie führt uns zurück auf unsere wahren Gefühle und leitet so in den Reichtum unserer Persönlichkeit.
Dafür braucht der griechisch stämmige Künstler Flächen, Farben in ihren Verläufen, Schattierungen sowie definierten Anfang und Ende der Untergründe. Das Medium dieser faszinierenden Wirkung liefern verschobene Farbschichten. Sie führen zu Urbildern, in denen Menschen Urkräfte erahnen. Assoziationen von Mondlandschaften sind lediglich Ausdruck der Sprachlosigkeit. Denn wer kennt schon den Mond?
Impressions of the artist Christo Daskaltsis and his work
Essay von Tom Pugh, Arthistorian und Autor
»The works encourage and confound interpretation, and in their insistence on the pre-eminence of feeling, seem to resist the usual language of art criticism.«
The canvas is unframed, 100 x 80 cm. Left of centre, I think I can see a face. Deep set eyes peer over my right shoulder. The forehead is high and unlined, the nose that of an old man, the mouth fixed and grave.
The top, right corner of the painting is turbulent. Gathering clouds or bunched muscle tissue, the suggestion of skin pulled taut over ribs. For a moment, a series of quick flecks below look like scars, the kind I imagine shotgun pellets leave on soft flesh.
And yet the work is not dark or forbidding. Large swathes of the canvas are wonderfully smooth, like mist. Oddly hopeful and reassuring. The painting is monochrome, the wildly different elements brought to life through light and shade. And there is something precarious about the whole – which makes me worry for it – as if it only holds its balance through an ongoing act of will. In part, this balancing act relies on a soft vertical which rises nearly to the halfway point, where it meets a horizontal running in a diagonal line from left to right. But by accident or design? It’s not easy to believe this image has been composed in the traditional sense of the word. I’ve been staring at it for ten minutes now. I’m still not quite sure what I’m looking at, and turn to the artist for help.
Christo Daskaltsis, born in 1969 in Dusseldorf and a resident of Berlin since 2002, looks delighted. He’s seen this reaction to his work before, but it remains a source of pleasure.
“People think they’re looking at a photograph of the moon, or of dunes in the desert.” He quotes a piece on New York based artist Asger Carlsen: “his creative efforts aim at … a sort of hyper sculpture that leaves the viewer in perpetual doubt whether what she sees are analogue depictions of real objects or products of synthetic photoshop design.”
For the record, Daskaltsis does not work with or from photos. There is no digital wizardry involved in the creation of his works. He is a painter, and obviously in love with the medium: “this work, and all the works in this room, I made on canvas with a single layer of monochrome paint.”
It doesn’t seem possible. I approach the painting, close enough to see the roughened weave of the canvas. The eyes continue to look over my shoulder. The clouds and scars look peaceful at this distance. I see the hundreds of tones which separate the lightest and darkest elements, making the painting even more dramatic. It’s not depth, exactly. I have a distinct and unnerving impression; the surface is making an effort to accommodate my curiosity. It’s only when I stand alongside the painting, one cheek pressed against the wall, that I’m fully convinced – a perfectly smooth surface, a single layer of paint. Traces of paint on the stretcher allow me to identify a sky blue acrylic.
Daskaltsis sparkles when I mention the work’s balance – which I find genuinely breath-taking – and seems to accept this compliment on the painting’s behalf; a reaction which reminds of something Umberto Eco once said: “a good book always knows more than its writer.”
A week later, I go to watch Daskaltsis at work in his studio on the outskirts of Berlin. He has warned me not to expect too much. “It’s a very mechanical process. The only creative decision I make is when to stop.”
He is welcoming when I arrive, but impatient to start work. And tense, for someone about to embark on a ‘mechanical process’. “I do get nervous,” he admits. “The paintings can’t look constructed. The successful ones look as if they have constructed themselves.”
For his next show, Daskaltsis is working on sheets of aluminium instead of canvas. He selects one from a stack against the wall and lies it flat on the ground in a corner of his studio. He mixes a white oil paint with varnish until it forms a smooth paste, takes a brush and applies this in a thin, even layer to the aluminium sheet. He spends five minutes pacing, as if afraid to begin, then takes a bottle of turpentine. “Be kind,” he murmurs, before splashing a few ounces into a bowl. He walks round two sides of the metal sheet, arm out-stretched, letting drops fall where they will. He picks up a long-handled broom, stands with his toes against the aluminium, and takes a deep breath. He reaches forward and pulls the broom in a straight line across the fluid surface, then moves to the right and repeats – strong, decisive strokes – until he reaches the edge. He moves round and brushes across these first strokes. Back and forth between these two sides, always pulling the brush towards him, top to bottom, left to right. Again and again and again. He pauses occasionally to add more turpentine, but his eyes never leave the surface, fixed on the emerging shadows.
Ever since coming face to face with Daskaltsis’ work, I’ve been trying to think of an adequate word to describe depth’s opposite. Typically, painters create their effects through the application of layers of paint. Daskaltsis turns this process on its head. He uses the turpentine and heavy brush to remove pigment, leading to the confusion people often feel when they stand in front of his work.
To properly capture the effect this creates, I need the language of sculpture, not painting. Where a sculptor attempts to discover the perfect form hidden within a piece of wood or block of marble, Daskaltsis does the same with a single layer of paint. His work is a rebellion against the existence of surface. Only the layers are real, the things you put on and the things you take off. The fragility of his work is born in the tension between surface and the painting it conceals, or appears to conceal. His work confronts with the unsettling idea that depth is nothing more than a trick of the mind.
The canvas lies on the floor. From my position in a corner of the studio, I have a poor view of the surface, a better view of the artist. I don’t want to move for fear of interrupting him. I have the impression that he is listening to the paint as it slides across the aluminium. If this is a mechanical process, then only in the sense that dance is mechanical. An hour has passed already. His eyes are half closed, the face expressionless. It’s clear that he’s completely forgotten me. The world has disappeared. He’s escaped, and I feel a sudden stab of jealousy. I watch, half mesmerised, and review what I know of the artist.
When Daskaltsis was 17 years old, his high school art teacher in Dusseldorf sent samples of his work to the Academie des Beaux Art in Paris. She did this without his knowledge, only informing him that he’d been offered a scholarship two weeks before he was expected in the French capital. Daskaltsis spent six years at the Academie, and remembers chafing against the rigid insistence on technique. “For two years, I drew stones with grey pencils. Then I drew butterflies with coloured pencils. This was torture for me. If I paint a butterfly, so that anyone can see it’s a butterfly, I have to be exact. I have to suppress my feelings. This is why I’ve always been an abstract painter. I’m interested in the materials, not in creating illusions.”
Highly regarded by his professors, Daskaltsis was still happiest away from the classroom, roaming the streets, looking for pieces of found wood – the door of a discarded cupboard or driftwood on a trip to the coast. He would squeeze as many as thirty tubes of oil paint onto his finds, working at the surface for hours, sculpting it until the paint was centimetres thick. “I followed my instinct,” he says, “it was just doing something – la, la, la – the professors always liked my work. They called me a chaos conductor. I was fearless then. Now, I’m often afraid. If I’m in the wrong mood, I start to fight the painting, and I always lose. I’m the only person who can decide if what I make is a success or a failure.”
Two weeks before he was due to graduate, Daskaltsis left Paris and the Academie. Partly, this was rebellion against the idea that art is something which can be measured against academic criteria. Partly, it was frustration. The artist felt unequal to the task of expressing his ideas and feelings. He returned to Dusseldorf and his first love, music. For three years, he trained and studied to win a place at the prestigious Robert Schumann Institut. Once again, he was praised for his feeling. Once again, he brought his studies to an abrupt end, convinced that flaws in his technique would prevent him from making a career as a concert pianist. Daskaltsis spent 10 years working in fashion and design, first as art director for a fashion agency in Düsseldorf, then moving to Berlin and masterminding the relaunch of magazine and radio station.
It wasn’t until 2006 that Daskaltsis returned to painting. Three months earlier, his older sister had died of cancer, leaving a husband and 7 year-old daughter behind. He made himself hard, a rock for his parents, niece and brother-in-law to lean on; painting was a lifeline, a safe place where he could give vent to his anger and grief. Initially, Daskaltsis only worked with white paint, applying thick layers to the canvas, scraping them away again, searching for “the painting behind the painting”. He tells me he that he can spend hours studying paint, how it moves across the canvas, mixes and congeals, the subtle fluctuations in colour and texture as it dries.
In the studio, his movements are becoming less fluid. I look at my watch; five hours have passed. From the moment he applies the turpentine, Daskaltsis has between six and eight hours before the paint begins to dry and crack. So far today, he has applied almost a litre of turpentine and must have brushed the surface at least two and a half thousand times. He closes his eyes and takes a step back. An expression of pain twists his features before he looks, cautiously. More often than not, according to his own criteria, he loses this race against time and the canvas, or aluminium sheet, is put aside to be painted over (or cleaned) and reused at some point in the future.
Today, he looks content. The surface of the metal is fluid. It will have to lie on the floor overnight; tomorrow, he will hang it. I suspect it’s only then that he’ll know for sure. Counter-intuitively, he will hang the painting upside down from where he’s been standing to work on it; the oil paint he has used for this piece is a darker colour than the aluminium – had it been lighter, the painting would be hung the other way round. Daskaltsis’ approach is defined by several more of these self-imposed controls, so many that I’ve begun keeping a mental list. “Actually,” he adds, “preferably none at all. White is best. It’s neutral, and doesn’t lead the viewer towards particular emotions.” No titles. Daskaltsis christens each work with the date on which it was completed. And, as he has already said, the process of creation is mechanical: “the only creative act is knowing when to stop.”
It sounds more like a set of rules than a technique. “If you’re just following a process so mechanical anyone could replicate it, then what’s the point?” I’m aware I sound petulant – I love his paintings and want him to take more credit for having made them. He looks embarrassed for me. I’m missing something important, so obvious he can’t bring himself to say it.
I return to the paintings, their mystery and fragile balance. The eerie, inverted perspective; effects that don’t recede into the distance, but step forward to meet the viewer. The paintings are quietly hopeful. Almost shy, as if wary of being rebuked for naivety, and I feel suddenly protective. Daskaltsis looks delighted when I mention this. He feels the same way, and tells me how much he enjoys being reunited with one of his paintings after time apart. “It’s like seeing an old friend. I always want to ask, ‘are they looking after you?’ I see the mood I was in, whether I was feeling confident or uncertain. It’s never perfect; I see parts of the canvas where I got it right, and others where I gave up too soon.”
And, finally, I understand what he won’t tell me.
The rules – elaborate rituals by which the artist tries to efface himself from his work – are an attempt to circumvent the ego, to abdicate the right of ownership and interpretation. Crucially, Daskaltsis is not conceding this right to the viewer, but to the work itself. This is the goal he has been aiming for over years of trial and error, of days spent staring at drying canvases, gradually learning the unique qualities of paint. He does not want to control these qualities; he wants to give them life. This is what Daskaltsis means when he talks about the success or failure of a work: Does it live? For him, this is the meaning of the word ‘creation’ – to make something within enough life-force that it creates its own context. Something that lives and breathes, independently of both artist and viewer.
Sinnlicher Polylog
Die wahrnehmbare Welt ist eine Verzerrung, sagt Platon in seinem Höhlengleichnis. Das gilt für mich heute mehr denn je. Denn es versagen die figuralen Mitteilungen im Angesicht der Reizüberflutung. Das beständige Wiederholen im Farbauftrag löst die Pigmente aus dem Öl der Farbe und verschiebt sie immer und immer wieder.
So entstehen die abstrakten, losgelösten, sich selbst reflektierenden Bildsysteme. So formulieren sich auf dem Malgrund filigrane und gröbere Farbschlieren zu eigenwilligen Gebilden, denen Dank des Verschiebens der Pigmente etwas Körperliches anhaftet. Der sichtbar kalkulierten Komposition wohnt ein zurückgenommenes reflexives Moment inne. Diese Polarität zwischen dem Eigenleben des Materials und der Reflexion ist Ausgangspunkt meiner Studien zur Wahrnehmung.
Mich interessieren die Aspekte von Raum und Wahrnehmung in Bezug auf meine Kunst, die Übergänge etwa, Gegensätze, Kontraste und Nuancen, die den Blick des Betrachters leiten. Bewusste optische Irreführung verleitet zur Entgrenzung vom Motiv und zur Fokussierung auf die Oberfläche. So gelingt das dramatische Durchbrechen der monochromatischen Stille. Eine Entgrenzung, die bereits im Schaffen vollzogen wird.
Mit Bürsten und Lösungsmitteln trenne ich die Pigmente in der Ölfarbe und befördere so die Verschiebungen und Überlagerungen. Das Bild wird zum sinnlichen Polylog zwischen den einzelnen Schichten. Diese Kombination führt den Seh- und Tastsinn wieder zusammen, den die Aufklärung getrennt hat. So wurde das Sehen in die distanzierte, geistige Wahrnehmung gerückt und das Tasten als Kontaktwahrnehmung dem Sehen untergeordnet.
Für mich ist beides im menschlichen Erleben eine Einheit. Das Spiel mit den Erwartungen des Sehens und des Gesehenen ist mein Impuls. Kein vordergründiges Arrangement verleitet zu schnellen Urteilen. Meine Kunst erschließt sich erst auf den zweiten Blick, im Vertraut-Werden. Mir geht es um die Inspiration zu eigener Reflexion des Betrachters, zu eigener sinnlicher Wahrnehmung.
Christo Daskaltsis, Berlin 2016
Das Auge lügt
Interview von Dr. Annette Blank, Kunstwissenschaftlerin
„Die Malerei ist wie eine Bühne: Wenn ich meine Handschuhe anziehe, begebe ich mich in das Kostüm der Diva. Diese Rolle schenkt mir die Produktionskraft, den Mut für den Ausdruck.“ Musik war die erste Profession von Christo Daskaltsis. Ein Medium, das die eigenen Gefühlszustände interpretiert. Die Kraft der Musik beflügelt ihn bis heute. Sie bildet den Nährboden für seine Bildende Kunst. „Klang ist konkret wie eine Form, weil er dem Urinstinkt entspricht, dem Hören.“ Instinkt und Wahrheit sind Antipoden für den Künstler Christo Daskaltsis. Im klaren Moment der reinen Freude sind sie vereint. Dieser Moment ist Schönheit – ein Lebenselixier.
Zur Musik kam der 8jährige über ein Plattencover: dem Spiegelsaal im Schloss Herrenchiemsee galt sein Interesse. Das stärkste Geschenk seiner Kindheit öffnete ihm die musikalische Welt von Bach, Händel, Telemann und dem Barock, „meine Zeit“, sagt Christo Daskaltsis. Musik beruhigte die empfindliche Seele in der Pubertät, ihre Komplexität spiegelt die Vielschichtigkeit der Gefühle und hilft, sich selbst in der Welt zu verorten. „Das Einhalten von Regeln ist Voraussetzung für Musik und zugleich Bremse.“ Zudem bremste den Pianisten Daskaltsis der eigene Anspruch, dem seine Virtuosität nicht genügte. Er suchte nach dem reinen künstlerischen Ausdruck, der Beständigkeit und Wahrhaftigkeit vereint. Flüchtige Töne konnten dies nicht sein.
Ein Stipendium führte den jungen Mann nach Paris an die Académie des Beaux-Arts. Die Leinwand wurde seine Wahrheit, und Farben aus Öltuben sein Medium. Den Pinsel verkehrtherum rührte er die Masse und dickte sie mit zerdrückten Aspirin-Tabletten an. Das Gemisch brachte er auf die Leinwand immer wieder übermalend und immer wieder aus der Bewegung neu. Pierre Soulages beeinflusste ihn stark. „Verbildliche deinen Gestus“ – das Motiv von Soulages begeisterte und überforderte Christo Daskaltsis zugleich. Mit Soulages war für ihn alles gesagt, was sollte dem noch folgen? Die folgende künstlerische Blockade lockerte der 20jährige mit Körperbewegungen und der Faszination an der Pariser Architektur. Das Diplom verweigerte er, denn wer wollte sich anmaßen, seine Werke zu bewerten. Harmonie ja, aber keine Verletzung der Prinzipien.
Dem Ausflug in die Kunst folgte ein Faible für Architektur, dem sich Christo Daskaltsis zunächst über das Grafikstudium in Düsseldorf näherte. Nunmehr diplomiert, ging er in die Werbeschmieden BBDO und Prahl Recke, beackerte in 60-Stunden-Wochen die Modeszene und floh erschöpft nach Berlin. Am 18.11.2002 wurde der gebürtige Grieche Berliner, um sich wieder zu finden. Der frühe Tod seiner Schwester veranlasste die erneute Seelenreinigung mit Acryl und Leinwand. Serien weißer Bilder entstanden.
„Das Griechische an mir sind der Stursinn und die Leidenschaft am Gefühlten, ich habe Freude am Gefühlten. Ich weiß genau, ich kann planen was ich will, das Leben nimmt immer seinen eigenen Lauf.“ Eine große Sicherheit steckt in dieser religiösen Lebensanschauung. Sie führte zu immer wieder neuen Themen, die Christo Daskaltsis auf die Leinwand brachte. Weniger der Ausdruck, vielmehr die Bewegung mit dem Material faszinierte ihn. Er nennt diese Art von Kunst informell – ohne Form, ohne Information.
Dafür mit großer handwerklicher Präzision. Die Korrektheit des Handwerks, die gearbeitete Qualität gehört zur DNA der Daskaltsis-Familie. Kunsttischlerei und Restauration in klassisch griechischer Tradition brachte die Familie zur Meisterschaft. „Eine gearbeitete Abstraktion ist eine völlig andere Welt als eine zufällige, das spüre ich. Die Behauptung von Kunst reicht mir nicht.“ Schönheit kommt für Christo Daskaltsis aus Herzlichkeit.
Mehr als 50 Schichten arbeitet der Künstler übereinander, immer wieder der eigenen Bewegung folgend, immer wieder in der Konzentration der Leere. Jede einzelne Schicht hat ihre eigene Qualität, ähnlich der Momente des Lebens, die jeweils für sich stehen. Die Brüche und Überraschungen, die aus dieser Präzision zufällig entstehen, bilden die Spannungsfelder der Bilder. Zeiten und Räume haben sich verselbständigt, das einzig Konstante ist die Veränderung. Im Dialog mit dem eigenen Schaffensprozess findet Christo Daskaltsis den Punkt der Ruhe, an dem alles getan ist. Dann ist das Werk vollendet.
Strukturen, Oberflächen, Stimmungen scheinen dem zu entstammen, was uns umgibt. Fluchten, Mauern, Räume ebenso wie Tageszeiten, Lichtbrechungen und schließlich die eigenen wechselnden Verfassungen. Achtsamkeit schenkt Christo Daskaltsis seiner Umwelt – in ihrem Dasein und in ihrer Veränderung. Auf diese Weise gelingt ihm eine Intensität im Moment, die wiederum ihre eigene Aura schafft. Diese Aura ist voller naiver Verwunderung und sie trägt das Selbstbewusstsein der Diva.
Die Arroganz des Geistes, die sich mit Wissen tarnt, nimmt Christo Daskaltsis aufs Korn. Nichts ist, wie es ist, dennoch ist alles gut dort, wo es ist. Seine Kunst ist ohne Absicht, ohne Anspruch. Sie ist geronnene Materie, die in sich alles trägt und zugleich nie erschlossen werden kann, nie gebraucht oder missbraucht. Auf dem festen Untergrund der Leinwand addieren sich die Schichten aus Pigmenten der cremigen Farbe zu Strukturen, die rein aus der Bewegung kommen. Sie agieren im Ursprung menschlichen Seins. Mediation im Material.